Guten Tag,
Gute Unterhaltung!
Sein Wort machen können – oder ihres – und damit Gehör finden. Eine Stimme haben, statt sie nur abzugeben. Sie erheben und sich äußern, vorkommen mit dem, was man denkt, meint, weiß und fühlt. Wahrnehmen, dass und wie Worte wirken, eigene und fremde. Das ist gut biblisch, gut protestantisch und urdemokratisch.
„Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind“, empfiehlt eine Königin ihrem mächtigen Sohn (Sprüchebuch Kapitel 31, Vers 8), und Salomo erbittet von Gott bei Amtsantritt weder Reichtum noch Stärke oder Triumph über die Feinde, sondern „ein hörendes Herz, um gerecht richten zu können und zu unterscheiden zwischen Gut und Böse“ (1. Königebuch, Kapitel 3, Vers 9).
Meinungsfreiheit braucht „Hörungsfreiheit“, und beide sind nicht immer schon da. Längst aber ist die freie Rede – freedom of speech – zum politischen Kampfbegriff und zum Einfallstor für finanzstarke digitale Meinungsmanipulation geworden. Meinungs- und Redefreiheit – so formuliert es der Historiker und Philosoph Timothy Snider – sind da recht verstanden und unverzichtbar, wo einzelne und Minderheiten persönlich und öffentlich für ihre Rechte und Überzeugungen und für die anderer einstehen. Und sie sind da missbraucht und pervertiert, wo sich Wenige mit viel Geld und undurchsichtigen Algorithmen Einfluss, Aufmerksamkeit und Mehrheiten erkaufen.
Im Internet, so dachte und hoffte man einst, kann jeder und jede mitreden und beitragen zum großen Gespräch. Doch ist längst aus Gespräch vor allem Gebrüll geworden. Und wenn ich poste, kommentiere, bewerte, abwerte und aburteile, dann bin ich de facto allein, verstrickt ins Netz von Aufregung und Abgrenzung, Fremdsteuerung und Selbstdarstellung. Sozial ist daran gar nichts. Ich sehe ja niemanden, wenn ich in die Tastatur haue, und ich höre auch fast nur mich selbst.
„Das Ruhrgebiet spricht“ (https://dasruhrgebietspricht.de) - unter diesem Motto kommen am 22. und 23. August, initiiert von Kirche und Diakonie, Kultur, Medien und Wissenschaft, in Duisburg, Essen, Bochum und Dortmund wildfremde, neugierige und nachdenkliche, meinungsstarke und zuhörbereite Menschen zusammen und nehmen sich Zeit fürs Denken und Sagen und Fragen und Zuhören.
Echte Leute, an echten Orten, zu echten Gesprächen, Auge in Auge, Mund zu Ohr, Kopf zu Herz und wieder zurück.
Das wird spannend und widerlegt nebenbei hundertfach die alte Behauptung, man komme doch sowieso nicht vor, würde ja eh nicht gehört und überhaupt, wisse ja schon selbst genug und ohnehin allein alles besser.
Sie können sich ab dem 9. Juli über die angegebene Website anmelden, einige kurze Fragen beantworten und dann im August dabei sein. Oder die Aktion teilen, andere ins Gespräch bringen und mitnehmen.
Reden Sie mit? Na, dann gute Unterhaltung …
Einen guten Sommer wünscht und bis zum September-Newsletter grüßt
Ihr Jan-Dirk Döhling
Institutsleiter und Dezernent für Gesellschaftliche Verantwortung
der Evangelischen Kirche von Westfalen